Die kleine Hexe verzaubert das Schillertheater

Verfasst von: Dipl. Päd. u. Theaterpädagogin Selena Plaßmann
Kleine Hexe
Kleine Hexe  Bild: Selena Plaßmann
Am 13. Oktober war ein phantastisches „Hexen-Familienfest“ der Komischen Oper, dargeboten in ihrer Übergangsspielstätte, dem Schillertheater, als Einführung in die bevorstehende Premiere. Hexen-Grove-Tanzworkshop, Farbenspiele und eine Reise zum Blocksberg verzückten nicht nur die kleinen Erdenbürger*innen. Den berühmten Märchenklassiker über die „Kleine Hexe“ und ihrem ausnehmend weisen Raben Abraxas erzählte der Autor Ottfried Preußler einst seinen drei Töchtern als Gutenachtgeschichte, um ihnen die Angst vor bösen Hexen zu nehmen.

Heja Walpurgisnacht! Die kleine Hexe, die im tiefen Wald in einem windschiefen Haus wohnt, ist eigentlich nicht klein. Doch weil sie erst einhundertsiebenzwanzig Jahre zählt - für eine Hexe kein Alter –, ist sie nach Ansicht der großen Hexen noch zu jung. Als Junghexe gelingen ihr natürlich noch nicht alle Zauberkünste. So bringt sie oft den Feuerzauber durcheinander und lässt, anstatt es regnen zu lassen, Wäscheklammern vom Himmel fallen. Deshalb wird sie nicht eingeladen, um das Highlight im Hexenkalender zu feiern und in der Walpurgisnacht auf dem Blocksberg zu tanzen. Die kleine Hexe ist darüber sehr wütend und geht das Risiko ein, heimlich zum Walpurgisnacht-Fest zu fliegen.

Ertappt (Bild: Selena Plaßmann)

Natürlich wird Sie trotz ihrer Verkleidung von den anderen Hexen erkannt. Um sie für ihr „Fehlverhalten“ zu bestrafen, wird ihr Reisigbesen, ohne den eine Hexe nicht fliegen kann, ins Feuer geworfen. Drei Tage lang muss sie den weiten und beschwerlichen Weg durch einen verzauberten Wald nach Hause laufen. Die Großmeisterin der Hexen hat ihr in Aussicht gestellt, dass sie im nächsten Jahr mittanzen darf, wenn sie bis dahin alle Prüfungen aus dem magischen Hexenbuch besteht und eine gute Hexe geworden ist. Die kleine Hexe übt daraufhin jeden Tag viele Stunden in dem Hexenbuch und bewirkt gute Taten. Die phantastische Geschichte aus dem Kinderbuch von Preußler „Die kleine Hexe“ war die Vorlage für Franz Wittenbrink, eine jazzig- märchenhafte Musicaloper zu komponieren. Seine Partitur schien sogar den Instrumenten Magie einzuhauchen.

Modernes Hexen-Domizil (Bild: Selena Plaßmann)

In der Inszenierung der Komischen Oper mit phantastischen Kostümen „brummt die Posaune voll Gemüt, die Tuba kommentiert trocken, die Klarinette jault auf und die gestopfte Trompete wimmert verschämt.“ (Clemens Haustein, Frankfurter Allgemeine Zeitung) Die entzückende Schauspiel-und Gesangsvirtuosin Maria-Danaé Bansen,d ie die kleine Hexe verkörpert, wohnt zusammen mit dem Raben Abraxas in einem modernen Plattenbau. Statt Wäscheklammer lässt sie gelbe Gummistiefel regnen, die sie auf dem verschneiten Marktplatz eintauscht, auch für einen neuen Reisigbesen. „Doch neue Besen sind wie wilde Pferde, sie müssen erst gezähmt und zugeritten werden.“ Derweil beschattet ihre Muhme, die Wetterhexe Rumpumpel, die kleine Hexe und notiert alle gute Taten, die vor dem Hexen Rat gerügt werden könnten, als Verfehlungen. Rumpumpel droht sogar, alle Kinder aus dem Publikum in Fledermäuse zu verwandeln. Diese jedoch lassen sich von ihr nicht einschüchtern.

Hexen-Rat
Vroni und Thomas
Tanz um den Schneemann
Heimweg (Bild: Selena Plaßmann)

Ich habe die Überzeugung gewonnen, „dass Kinder das beste und klügste Publikum sind. Kinder sind strenge, unbestechliche Kritiker.“ (Ottfried Preußler). Als sich drei Tage vor der Walpurgisnacht das Hexenjahr dem Ende zuneigt, stehen um Mitternacht die Prüfungen für die kleine Hexe an. Sie meistert sie brillant und kennt jede Seite aus dem Zauberbuch auswendig. Dennoch fällt sie durch. Ihr war ja nicht bewusst, dass die systemrelevanten Zauber*innen unter einer guten Hexe verstehen, scheußliche Geschehnisse ins Rollen zu bringen. Als sie es erkennt, rebelliert sie zusammen mit ihrem besten Freund, dem Raben Abraxas, der nie ein Blatt vor den Schnabel nimmt, gegen die etablierten Normen und stellt die ganze Hexenwelt auf den Kopf.

Freundschaftliche Idylle
Komische Oper Familienfest Hexe
Spandauer Altstadt-Kneipe Zur Hexe
Welten-Magie Ballon (Bild: Selena Plaßmann)

In Preußlers Werken, die zu den Kinderbuch-Klassikern zählen, sind magische Welt und Alltagswirklichkeit miteinander verwoben. Sie sind inspiriert von den Sagen seiner Heimat, die sein Vater aus dem böhmischen Isergebirge zusammentrug, sowie volkstümlichen Geschichten seiner Vorfahren; Glasmachern, Kupferstechern, Handwerkern, Kleinbauern und zwei Zauberern. Mit der Verfolgung und Vertreibung der Zauberer*innen geriet gleichsam das Wissen um die natürliche Heilkunde in Vergessenheit. Als Geschichtenschreiber und Lokalreporter für den Kinderfunk finanzierte sich Preußler das Studium für seinen Lehrer-Berufswunsch. Als späterer Rektor an der nach ihm benannten Schule in Stephanskirchen - heutzutage UNESCO-Projektschule für eine Kultur des Friedens - lehrte er seinen Schüler*innen die innere Verbundenheit kultureller Gegensätze und Methoden zur Wiederherstellung und Steigerung der Welten-Harmonie. Im Programmheft der Komischen Oper mit gewitzten Illustrationen und einem Hörspiel-Download sind die Stationen der abenteuerlichen Odyssee der „Kleinen Hexe“ aufgezeichnet.

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