Barocke Lustbarkeit in der Altlandsberger Schlosskirche

Verfasst von: Dipl. Päd. u. Theaterpädagogin Selena Plaßmann
Vino Veritas in Altlandsberg
Vino Veritas in Altlandsberg  Bild: Selena Plaßmann
In der Barockkirche Altlandsberg wo einst Preußenkönig Friedrich I. in stiller Kontemplation und Gebet die Lehren des Christentums empfing, entführte das Barockensemble Contrapunct_us in die Lustbarkeit und den Esprit dieses scheinbar in Vergessenheit geratenen Barock-Zeitalters, in der man sich gerne den Vergnügungen und Freuden des menschlichen Daseins widmete. In Vino Veritas, ein Konzerterlebnis der besonderen Art, was die Weisheiten und Werke der alten Barock Meister erneut zum strahlen brachte.

Vino Veritas, im Wein liegt der Geist der Wahrheit. Warum es nicht dem schönen Gott Bacchus gleichtun, mit seinen Liebsten fröhlich scherzen und mit Freunden, Reisenden oder Fremden sich an gutem Wein, kulinarischen Gaumenfreuden und anregenden Gesprächen erfreuen. Im Barock wurden die Feste gefeiert, wie sie fielen. “Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, bleibt ein Narr sein Leben lang“. Das junge Ensemble Contrapunct_us zusammengesetzt aus Freunden und ehemaligen Absolventen der „Schola Cantorum Basiliensis“ in Basel, dem ältesten Ausbildungs- und Forschungsinstitut für alte Musik, dokumentiert das es sich bei Barockmusik nicht um veraltete Musik handelt, sondern um ein Quell von Energie aus dem permanent geschöpft werden kann.

Ureinwohner vom Krummensee (Pilzhof - Barnim)
Schlossmauer
Ensemble Contrapunct_us
Der Ballettmeister in der Fechtschule (Bild: Selena Plaßmann)

In der Ära des Barock als auch das Ballett entstand, war Lässigkeit und Mäßigung ein Leitmotiv. Und erst am Ende dieser Epoche war es möglich ohne verfolgt, gefoltert oder getötet zu werden, religiöse Gedankensysteme mit den neuen Forschungsergebnissen aus der Astronomie zu vereinen. Die Schriften des Kopernikus oder die philosophischen Ausführungen von Giordano Bruno wie „das Fixsterne weitere Sonnen mit eigenen Planetensystemen seien“ wurden in die neue Weltsicht integriert, auch wenn sie nicht den überlieferten Vorstellungen entsprachen. Ein schöpferisch-freiheitlicher Geist, in der die Liebe die Gemüter nicht nur bewegte sondern auch berührte, hatte Einzug gehalten. „Barock, Zeit der Uhren, Zeit der Fuge, Zeit der Zeit, der gezügelten Ekstase, Vernunft und Magie begegnen sich wie zwei Parallelen, die sich in der Unendlichkeit kreuzen. Sie werden eins ohne zusammenzuschmelzen, ohne Kompromisse einzugehen“. (Die Tänzerin:Tatjana Gsovsky)

Annas Fechtkunst
Anna die Herrin im Haus
Anna und der Barde
Küssen vor Publikum (Bild: Selena Plaßmann)

Der Violinen-Virtuose Christian Voß gründete Contrapunct_us nachdem er jahrelang auf Musik-Reisen sowie akribischen Recherchen in Bibliotheken alte Werke der Barockmeister gesammelt hatte. In der Schlosskirche Altlandsberg verdichtete diese das Ensemble zu einem heiteren-poetischen Gesamtkunstwerk. Sein Ehegatte, der Tänzer und Ballettpädagoge Hendryk Voß, choreografierte auf die Arien komödiantische Barocktänze, die das Publikum zum schmunzeln verlockten. Das Frauenidol in diesem Wanderkonzert verkörperte mit kristallklarer Stimme von erlesener Schönheit, die Mezzosopranistin Anna Willerding. Im Barock waren Frauen die heimlichen Herrscherinnen und eingeweiht in die Kunst des Küssens und der Verführung. „Halb gebissen, halb gehaucht, wie vor Publikum geküsst wird, oder wie Adonis, Venus die Göttin der Liebe zu küssen vermochte.“ (Arie: Andreas Hammerschmidt) Sie wussten um den richtigen Zeitpunkt ihre Männer ans Schlafgemach zu fesseln, oder im Badezimmer „einzuseifen“.

Gehöft am Krummensee (Bild: Selena Plaßmann)

Umgeben von Wäldern mit uralten Bäumen, beweideten Wällen, Mühlen und kleinen Gehöften liegt Altlandsberg. Die Seen in der Fließlandschaft mit verwunschenen Uferwegen und flüsternden Baumwipfeln laden zum verweilen ein. Der historische Stadtkern in seiner klaren Ästhetik hat einen besonderen Flair. Im Schlossgut in dem 2016 der größte Brandenburger Münzschatz gefunden wurde (seltene Münzen in einem spätmittelalterlichen Keramikgefäß), finden heutzutage kulturelle Veranstaltungen und Kunstevents statt. So auch das Konzerterlebnis „in Vino Veritas“, in der die barocke Lustbarkeit erneut auflebte. Einst lebten in Altlandsberg die „Raub-Ritter“ vom Krummensee; -weitläufig verwand mit dem skandinavischen Königs- und norddeutschen Fürstengeschlecht der Glücksburger-. Ihre markgräfliche Burg (Feldsteinschlösschen) und obendrein die abgebrannte Stadt erwarb, als sie durch die Kriege verarmten, Freiherr Graf Otto von Schwerin. Er errichtete dort ein Barockschloss mit Saalkirche für die Prinzenerziehung von Friedrich I. und Karl-Emil.

Seeschloss am Bötzsee
Liebesschloss-Brücke
Verbundenheit
Einhorn (Bild: Selena Plaßmann)

Küssen -ob mit oder ohne Trauschein- war nicht nur im Barock erlaubt. Manchmal ziehen es Paare vor mit einem eigenem schönen Ritual ihre Verbundenheit zu besiegeln, statt mit einem Trauschein aus politischen Motiven, oder familiären Arrangements, wie es in adligen Familien einst üblich war. Einige Kilometer entfernt von Altlandsberg, am Bötzsee, wurde die „Liebesschloss-Brücke“ auf der Seeterasse vom „Seeschloss“ restauriert. Neben diesem Kaffeehaus mit hausgemachten Leckereien befindet sich ein Bootsverleih. Und am Straussee erinnert das „The Lakeside“ mit gediegenem englischen Charme, einem griechisch-römischen Schwimmbad und Theateraufführungen im Amphitheater, an die mystische Romantik zu Zeiten König Arthurs. Dem Geheimnis des Einhorns auf die Spur gekommen, sind die verschlungenen Pfade die dahin führen, ebenfalls bewahrt in den zauberhaften Klängen und Weisen der alten Barockmeister und Barden.

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