Tod und Gedächtnis - Die Wittelsbacher Grablegen in Heidelberg
Das Kurpfälzische Museum der Stadt Heidelberg bietet dem Besucher die unterschiedlichsten Dauerausstellungen. Die Gemälde- und Skulpturensammlung umfasst Werke vom späten 15. bis 20. Jahrhundert. Kunsthandwerkliche Ausstellungsstücke werden im Palais Morass und den Flügelbauten präsentiert. Im Ostflügel befindet sich die graphische Sammlung und im Untergeschoss des Nordflügels die archäologische Abteilung. Unter den Kellergewölben des Palais Morass im sogenannten Lapidarium ist die Steinsammlung zur Stadtgeschichte untergebracht. Ausgestellt werden mittelalterliche Epitaphien, Architekturteile, frühbarocke Skulpturen und zur Alten Brücke gehörende Brückenfiguren. Im Lapidarium befinden sich auch Reste von den Grablegen der Wittelsbacher in Form von Grabplatten, Skeletten oder dem Zinnsarg der Kurfürstin Dorothea von Dänemark. Gut erhaltene Schriftstücke und Bilder führen uns ins Mittelalter.
Grablegen sind nach ihrer Definition regelmäßig benutzte Grabstätten meist in Zusammenhang von Monarchen oder Adelsfamilien. Diese wählten sich ihre Grabstätte so aus, dass der Weg aus dem Fegefeuer ins Paradies durch Gebete und Messen im Gedenken an den Verstorbenen gefördert wird. Die Menschen des Mittelalters lebten in der ständigen Erwartung des Todes. Die christliche Theorie dieser Epoche war stark auf das Jenseits ausgerichtet. Nach den Lehren des Calvinismus war das diesseitige Handeln entscheidend für das jenseitige Leben. Für die guten war das Paradies vorgesehen, für die schlechten die Hölle. Dazwischen lag das Fegefeuer, der Ort der Reinigung. Gebete oder Messen waren ein geeignetes Mittel für Buße und die Eintrittskarte ins Paradies. Jetzt wird auch die Bedeutung der Wahl der Grablege deutlich. Zweckmäßig war die Nähe zum Altar, am besten zum Hochaltar.
Bis zur Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg war Heidelberg mit seinem Schloss Mittelpunkt der kurfürstlichen Politik. In Heidelberg wurde von 1398 bis 1515 die Heiliggeistkirche errichtet. Sie diente den Kurfürsten als Grablege. Alternativ hatte auch das Augustinerkloster, das sich auf dem Gebiet des Universitätsplatzes befand, diesen Zweck. Im Rahmen des Pfälzischen Erbfolgekriegs wurden die Grabmäler in der Heiliggeistkirche verwüstet. Auf der Suche nach Metall warfen die Soldaten die Grabmäler einfach um und nahmen die Zinnsärge heraus. Als die Residenz der Kurfürsten nach Mannheim verlegt wurde, ließen sich die Kurfürsten dort beilegen. Heidelberg wurde als Grablege unbedeutend.
Im Gewölbekeller des Museums sind Grabplatten und Gewölbeschlusssteine als Zeitzeugen zu sehen. Das wichtigste Exponat ist die zum Teil erhaltene Grabplatte von Pfalzgraf Ludwig II. Die meisten Ausstellungsstücke stammen aus dem Kreuzgang des früheren Augustinerklosters, so die Grabplatte eines Augustinermönchs, die Grabplatte des Priors des Mönchsordens Johannes Molitor. Bei den Ausgrabungen wurden auch Grabplatten von Bürgerfamilien einschließlich Kindern gefunden. Gut erhalten sind Gewölbeschlusssteine mit dem kurpfälzischen Wappen und mit dem Reichsadler. Am heutigen Karlsplatz in Heidelberg stand früher ein Franziskanerkloster. Dort ließ sich Friedrich der Siegreiche in einem Doppeldeckergrab beisetzen.
Das Marmorrelief des Totengerippes, das mit großer Wahrscheinlichkeit die Abdeckung für eine hölzerne Lade mit den Überresten Friedrichs war ist im Lapidarium ebenfalls zu besichtigen. Eine spannende Geschichte verbirgt sich hinter dem ausgestellten Zinnsarg. Dorothea von Dänemark ist nach ihrem Tod nach Heidelberg überführt worden. Von der Überführung gibt es ein Aquarell. Sie wollte in der Heiliggeistkirche neben ihrem Mann beigesetzt werden. Nach der Aufbahrung im Schloss wurde der Leichnam in Damasttücher eingewickelt und der Zinnsarg verlötet. 1979 bei Bauarbeiten in der Heiliggeistkirche wurde der Sarg gefunden. Im Sarg, eingewickelt in eine Brokatdecke fand man das Skelett von Dorothea von Dänemark. Leider konnten die Überreste wegen eines Pilzbefalls nicht weiter untersucht werden.
Die Ausstellung Grablegen der Wittelsbacher in Heidelberg im Kurpfälzischen Museeum ist ein wichtiger Mosaikstein der Geschichte der Wittelsbacher in der Kurpfalz. Sie rundet das Gesamtbild ab. Die Menschen des späten Mittelalters wurden nicht älter als 30. Sie waren tagein tagaus mit dem Tod konfrontiert. Sie rechneten fest mit einem Leben nach dem Tod, ob in der Hölle oder im Paradies. Ist noch nicht klar, in welche Richtung es geht, führt der Weg über das Fegefeuer. Der Weg aus dem Fegefeuer ins Paradies wird durch Gebete und Messen unterstützt. Durch memoria bleibt der Tote präsent. Eine Einstellung, die uns heute fremd erscheint, die aber zu Zeiten der Wittelsbacher prägent war.