Menschen und Katastrophen - von Atlantis bis heute
Katastrophen sind Herausforderungen für Menschen, Natur und Kultur. Die erste beschriebene Naturkatastrophe ist der Untergang der Stadt Atlantis, von Platon damals noch als göttliche Strafe für Gier und ausschweifendes Luxusleben erklärt. Mythenbildung, weil Erklärungen fehlten. Als am 16. Februar 1962 die Dämme in Hamburg brachen und einige hundert Quadratmeter Deutschland und über 300 Menschen ertränkten, wusste man mehr. Aus der schweren Hollandflut 1953 war bekannt, dass die Kronenhöhe der Deiche von bis NN +6,50 erhöht werden musste. Bis 1963 sollte das abgeschlossen werden, die Flut kam zu früh, 1962.
Die Sonderausstellung "Von Atlantis bis heute" in den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim thematisiert den Umgang mit Katastrophen. Sie bietet einen epochen- und kulturspezifischen Überblick über die Wahrnehmung, Deutung und Bewältigung von Katastrophen. Die Ausstellung nutzt hierbei die neusten Forschungsergebnisse der Projekte an den Universitäten Heidelberg und Darmstadt. Mythenbildung, wie bei Atlantis oder später noch beim Ausbruch des Vesuvs 1777 sind heute undenkbar. Heute werden die möglichen Ursachen, versäumte Präventionen, überforderte oder fehlgehende Katastrophenhilfe diskutiert. Fragen entstehen nach der Verantwortung gegenüber der Umwelt, nach den richtigen Hilfsmaßnahmen.
Die Wissenschaftler in Heidelberg und Darmstadt untersuchen in ihrem Forschungsprojekt "Images of Desasters" wie sich Gesellschaften und Individuen aus verschiedenen Kulturen zu allen Zeiten, also von Atlantis bis heute bei Naturkatastrophen verhalten. Sie stellen fest, dass es wiederkehrende Reaktionsmuster gibt. Zuerst der Schock und das Entsetzen. Dann Rettungsmaßnahmen , Wiederaufbau (selten werden Siedlungen verlegt) und Ursachensuche bis hin zu Verdrängungsmechanismen. Sie kommen auch zu dem Ergebnis, dass Katastrophen nicht als plötzlich auftretendes Ereignis zu verstehen sind. Sie kündigen sich durch Vorereignisse an und sind das Ergebnis eines Prozesses. Vorbeben kündigen große Beben an, Je nach Bebenstärke und Zentrum entstehen Tsunamis. Bei richtiger Deutung der Signale sind oftmals noch Vorkehrungen möglich.
Die Ausstellung ist nach den Elementen Feuer, Erde, Wasser angeordnet. Dem vorgeschaltet ist die Aufarbeitung des Untergangs von Atlantis. Das Element Feuer befasst sich mit den Vulkanausbrüchen in Thera, Pompeii, Tambora und Krakatau. Regionale Katastrophen können globale Auswirkungen haben. Der Ausbruch des Vulkans Tambora 1815 auf Indonesien hatte schwerwiegende Folgen und Auswirkungen für den ganzen Globus. Riesige Aschewolken führten zu einer weltweiten Klimaänderung. Missernten, Hungersnöte und eine erhöhte Sterblichkeitsrate waren die Folge "des Jahres ohne Sommer" 1816. 1883 brach der Vulkan auf der Insel Krakatau aus. Kurz vorher wurde der Telegraph und dessen Technik eingeführt. Das erste Mal in der Geschichte wurde eine Katastrophenmeldung in kürzester Zeit um die Welt geschickt.
Danach widmet sich die Ausstellung Bergstürzen in Plurs und Goldau und den zerstörerischen Erdbeben in Lissabon, San Francisco und Kanto. Das Element Wasser wird anhand der verheerenden Hochwasser in den 1960er Jahren in Florenz und Hamburg beleuchtet. An jeder der ausgewählten Naturgewalten wird der menschliche Umgang mit Katastrophen gezeigt. Dazu gehört auch, dass sich Staatschefs zeigen müssen, um Mut zuzusprechen und Hilfe zu versprechen. Mit der richtigen Katastrophe zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sind schon Wahlen gewonnen worden. Ein aktuelles und schönes Beispiel, natürlich auch Thema in der Ausstellung, ist Fukushima. Die Nuklearkatastrophe dort hat eine Veränderung im Denken und Handeln bewirkt. Fukushima ist Symbol für die deutsche Energiewende,