Geschichte der Medizin und Medizintechnik - Ausstellung "Herzblut"
Kaum zu glauben, aber wahr. Im 16. Jahrhundert wurde der Gesundheitszustand des Menschen anhand seiner Körpersäfte bestimmt. Blut, Urin, schwarze und gelbe Gallenflüssigkeit waren die Materialien der Ärzte. Heute ist die Medizin eher technikbestimmt und wird von vielen patientenfern empfunden. Wie weit darf die Medizin gehen? Organspende, Stammzellenforschung und Schönheitsoperationen werden debattiert. Und die moderne Medizin muss sich dieser Debatte stellen. Die Entwicklungen der Medizin aus ihren Anfängen bis heute werden in der Sonderausstellung " Herzblut" skizziert und sollen die Besucher informieren, aber auch veranlassen, die Entwicklung für sich selbst zu bewerten.
Empfangen wird man mit der dreidimensionalen Aufnahme eines schlagenden Herzens und den dazugehörigen dumpfen Herztönen. Diese Herztöne begleiten einen auch in den anderen Themenräumen der Ausstellung. Dem dumpf schlagenden Herz ist ein Plexiglastorso mit einem modernen Kunstherz gegenübergestellt. Moderne Medizin ist von Beginn an eine Symbiose von naturwissenschaftlichem Denken und dem Einsatz technischer Instrumente und Geräte. Medizinische Erfolge werden immer größer, führen aber auch zu gesellschaftlichen und ethischen Debatten. Übrigens erhielten seit 2002 mehr als 650 Menschen dieses Kunstherz und in einigen Fällen erholte sich das Herz der Patienten und eine Transplantation wurde hinfällig. Los geht der Rundgang dann in einem Anatomischen Theater, das einem frühzeitlichen medizinischen Hörsaal nachempfunden ist.
Aderlassschnepper und Schröpfköpfe aus Zeiten der Viersäftelehre, ein furchtauslösender "Pelikan" zum Entfernen eines Backenzahns oder die Amputationssäge von 1675 lassen erahnen, wie schmerzhaft die medizinische Versorgung einst gewesen sein muss. Und mit der Hygiene war es damals auch nicht weit her, besser gesagt, existierte sie nicht. In dieser frühen Phase der Medizin begannen Anatomen erstmals, das Körperinnere systematisch zu erforschen. Sie befassten sich erstmals mit Skelett, Muskeln und Organen. Im Anatomischen Theater wird die technische Revolution deutlich mit der sich die Medizin weiterentwickelte. Röntgenstrahlen, Mikroskope, aufkommnede Ansätze der Hygiene. Der Mensch wird gläsern. Symbolisch dargestellt durch das interaktive Exponat der "gläsernen Frau" , einer Leihgabe des Deutschen Hygiene-Museum Dresden. Durch Knopfdruck leuchten die ausgewählten Organe auf. Das Körperinnere wird sichtbar.
Im weiteren Rundgang bietet der Aussteller Themenräume an, die Hausarztpraxis, den Röntgenraum, das Labor, den Operationssaal, die Zahnarztpraxis und die Prothesenwekstatt. Ausgangspunkt für jeden Themenbereich ist dabei jeweils ein Modell mit Original-Ausstattungen zu den Themen. Die Hausarztpraxis stammt von 1960 aus Karlsruhe. Den Zahnarztraum aus den 20ern werden die meisten Besucher glücklicherweise so nicht mehr kennen. Labor und Operationssaal sind auf dem Stand der 50er Jahre aufgebaut. Die in den Themenräumen ausgestellten medizinischen Instrumente lassen die technische Weiterentwicklung gut erkennen. Auch dank technischer Entwicklung, Transistoren und der modernen Speichermedien ist eine Miniaturisierung der Geräte festzustellen. Oder sterile Einwegspritzen sind heute Standard. Längst Geschichte sind die "Rekordspritzen", die erstmals das Zerlegen der Spritze in ihre Bestandteile aus Glaszylinder und Metallkolben zuließen.
Die Zahnarztpraxis aus den 20ern ist angsteinflösend. Der Zahnarzt dieser Zeit behandelte noch mit Tretbohrer und ohne Betäubung. Eine Prophylaxe wie heute, damals nicht denkbar. Der Zahnarzt von damals konnte meist nur den kranken Zahn ziehen. Die medizinische Hilfe durch technische Hilfsmittel zeigt sich besonders deutlich in der Prothesenwerkstatt. Cochlea-Implantat, bionische Handprothese, Hüftendoprothesen, Koronares Stentsystem, Gefäßprothesen bis hin zu technischen Organen, wie künstliche Herzklappen, Herzschrittmacher sind Zeugen der technisch hoch entwickelten Medizin. Und die Zukunft? Stichwort: Dezellularisiertes Schweineherz. Weil es zu wenige Spenderherzen gibt, wird versucht, im Labor Herzen zu züchten. Aus einem Schweineherz werden zunächst alle Zellen ausgespült. Das Stützgerüst wird dann in einem Bioreaktor mit Zellen des Organempfängers besiedelt. Die Forschung steht noch am Anfang, arbeitet aber angestrengt an einem Ergebnis.
Das Technoseum in Mannheim gehört zu den großen Technikmuseen in Deutschland. Weitere namhafte Technikmuseen gibt es in München und Berlin. In einer Dauerausstellung werden die Entwicklungen der Naturwissenschaft und Technik seit dem 18. Jahrhundert in Ensembles inszeniert. Die Experimentier-Ausstellung "Elementa" lädt an mehreren Orten zum Tüfteln ein. Ziel ist es, Erfindungen nachzuerleben. Rund 900.000€ umfasst das Budget der Präsentation, 500.000€ hat das Baden-Württemberg übernommen. Die ca. 3000 Stück umfassende Sammlung zur Medizintechnik ist in mehreren Depots in Mannheim untergebracht. Nach Ende der Ausstellung am 7.6.2015 gehen die Ausstellungsstücke auch wieder dahin zurück. Das ein oder andere Stück wird bei Anfrage an andere Aussteller ausgeliehen.