Eine italienische Gaunerkomödie im Berliner Schlossparktheater

Verfasst von: Dipl. Päd. u. Theaterpädagogin Selena Plaßmann
Columbina-Signum
Columbina-Signum  Bild: Selena Plaßmann
Thomas Schendel, bekannt als Kommissar Heide aus der Fernsehserie Tatort, inszenierte das italienische Maskentheater „Mosca und Volpone“. Inspiriert wurde es von dem englischen Bühnenautor Ben Jonson, der seinerzeit höfische Maskenspiele dichtete. Er war ein Kollege von Shakespeare zudem ein Verehrer der antiken römischen Literatur. Für Volpone wählte Jonson als Szenarium Venedig. Die Bewohner dieser legendären Lagunenstadt verstehen sich grandios auf die Klaviatur der Politik, der Liebe und des Maskenspiels.

Das Maskenspiel, die Commedia dell' arte, entstand im 16. Jahrhundert in Italien: zuerst in den Hochburgen Venedig und Neapel. Die Figuren (Masken) wurden bis zur Perfektion weiterentwickelt. Dabei agierten die traditionellen und professionellen Akteure im Familienverband. Sie lebten in Gütergemeinschaften. Frauen, denen abgesehen von der Oper Auftrittsmöglichkeiten in der darstellenden Kunst versagt blieben, wurden an den Einnahmen beteiligt und für ihre Erfolge gefeiert. Die Künstlerin Isabella Andreini erschuf die Maske der berühmtesten weiblichen Liebenden. Es brauchte Mut und Idealismus, um auch in Kriegszeiten und sozialen Unruhen als freie Theatergruppe ohne gesellschaftliche Protektion auf holprigen Wegen durch italienische Städte zu reisen, um an abgelegene Orte theatralische Botschaften zu bringen.

Moscas raffinierter Plan (Bild: Selena Plaßmann)

Das privat geführte Schlossparktheater gräbt unter der Schirmherrschaft seines Intendanten Dieter Hallervorden, der auch das Berliner Kabarett „Die Wühlmäuse“ gründete, für sein Publikum beständig Bühnenwerke aus, die durch ihre sprachliche Kraft bestechen. Der Literat Jonson erschuf eine neue Form der satirischen Sittenkomödie, in der er Absonderlichkeiten im gesellschaftlichen Umgang der Menschen in Szene setzte. In der Gaunerkomödie wird die Sprache geschickt manipuliert und als Mittel des Betrugs eingesetzt. Der Fuchs (Volpone), eine unsterbliche Figur des elisabethanischen Dramas, wird von Mario Ramos verkörpert, der für seine Auftritte als Demetrius („Sommernachtstraum“) und Mordred („Camelot“) den Herzfeldpreis bekam. In der Rolle des reichen Levantiners lässt er durch seinen gewitzten Diener Mosca (Dieter Hallervorden) in Umlauf bringen, dass er nicht mehr oft die Glocken von Venedig schlagen hören und in seinem Testament einen Gefährten als Universalerben einsetzen werde.

Schlossparktheater-Komödianten (Bild: Selena Plaßmann)

Viele Weggefährten fühlten sich angesprochen und machten Volpone mit kostbaren Geschenken ihre Aufwartung, um seiner Gunst geneigt zu bleiben. Der Kaufmann Corvino (Karsten Kramer ) warnt vor Ärzten, „weil sie manchmal doch helfen“. Die Kurtisane Canina (Franziska Troegner) beschwört Mosca, einzufädeln, dass Volpone sie noch vor seinem Ableben heiratet. Der Pfandleiher Corbaccio (Thomas Schendel) enterbt zeitweilig seinen Sohn in dem Glauben, dass er Volpone überlebt wodurch sich das Familienvermögen vermehren würde. „Der Ruhm Venedigs“, die schöne Colomba (Anja Gräfenstein), sitzt ahnungslos und mitfühlend am Bett des angeblich Sterbenden und wäre ohne die Hilfe von Capitano Leone (Jonathan Kutzner) ein Lustopfer geworden. Der Notar Voltore (Oliver Nitsche) verfasst, schreibt und siegelt das Testament umsonst. Durch den kunstvoll angelegten Handlungsverlauf und die Spielfreude der Komödianten des Schlosspark-Theaters, verführt das eigentlich dramatische Geschehen zur Heiterkeit.

Verbindungs-Brücke (Bild: Selena Plaßmann)

Venezianer verstehen, wenn Betrug im Spiel ist, keinen Spaß. (Jonson, Volpone). Die römische Rechtsprechung basierte auf den gesammelten Quellen der Antike, wo Priester (Auguren) in langjähriger Praxis Zeichen der Götter einholten. Erst dem Richter Tafano (Georg Tryphon) gelingt es die makabre Angelegenheit aufzuklären. Aus der Luft betrachtet erinnert die berühmte Lagunenstadt - einst die kulturelle Brücke zwischen Okzident und Orient - an die Form eines Fisches. Palazzi in venezianischer Gotik mit maurischen Fensterbögen und lichtdurchfluteten Innenhöfen animieren dazu, Hochzeits-Gondeln zu besteigen. Andrea di Robilant, Autor und Journalist der italienischen Tageszeitung La Stampa, veröffentlichte das Buch „Maskenspiele“; eine wahre nicht standesgemäße Liebe in der goldenen Ära Venedigs. „Mit der Maske sind wir an der Schwelle des Theatergeheimnisses.“ (Giorgio Strehler). Das Teatro „La Fenice“ wurde nach einem Brand Stein für Stein rekonstruiert.

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