Die Wittelsbacher am Rhein - Wechselhafte Dynastie
Die Einwohner in der Kurpfalz in Heidelberg und Mannheim nennen sich stolz Kurpfälzer. Doch was historisch hinter diesem Begriff steht, wissen viele nicht. Interessanterweise hat die Kurpfalz als Identität überlebt, obwohl deren Existenz am 25.2.1803 mit dem Reichsdeputationshauptschluss beendet wurde. Mit dem Begriff Wittelsbach können die Einwohner möglicherweise mehr anfangen. Wittelsbach steht für mächtige Herrscher, Prachtschlösser und wird primär Bayern zugeordnet. Viele sind deshalb sehr überrascht, dass die Wittelsbacher jahrhundertelang in der Kurpfalz prägend waren. Die Wittelsbacher regierten als Pfalzgrafen und Kurfürsten seit 1214 fast 600 Jahre in der Kurpfalz und verschafften diesem Landstrich eine wichtige Bedeutung im Heiligen Römischen Reich. Der mittelalterliche Abschnitt der Geschichte der Wittelsbacher von 1214 bis 1504 wird im Museum Zeughaus gezeigt, der Ausstellungsteil im Barockschloss befasst sich mit der neueren Geschichte bis zur Auflösung der Kurpfalz im Jahr 1803.
Der neuere Teil ab dem 16. Jahrhundert ist eine wahre Erfolgsgeschichte. Durch geschicktes Taktieren und die richtige Heiratspolitik entstand am Rhein eine Dynastie, die weit über die Region gewichtigen Einfluss hatte. Doch zurück zu den Anfängen: Die Geschicke des Reiches im ausgehenden 12. und 13. Jahrhundert wurden überwiegend von den Welfen und Staufern bestimmt. Doch wo sich zwei streiten, freut sich der Dritte. Die Welfen und Staufer waren so mit sich beschäftigt, dass das Geschlecht der Wittelsbacher sich als dritte Kraft etablieren konnte. Ihr Einfluss auf die Reichsgeschichte nahm in der Folge einen immer größer werdenden Umfang an. 1180 wurde Otto von Wittelsbach zum Herzog von Bayern ernannt. 1214 konnte Ludwig I die Pfalzgrafschaft am Rhein gewinnen. Es entstand das bekannte Wappen mit den weiß-blauen Rauten und einem Löwen.
Durch geschickte Heiratspoltik vergrößerten die Wittelsbacher ihren Einfluss weiter. Erbstreitigkeiten führten 1329 im Vertrag von Pavia zur Teilung des Herzogtums Bayern. Ruprecht I, der Rote, erhielt die Rheinpfalz. Später, im Jahr 1400 bestieg Rupprecht I den Königsthron. Taktisch klug gab Ruprecht kurz vor seinem Tod die Anweisung, das Erbe unter den 4 verbleibenden Söhnen aufzuteilen. Unbewusst hat er dadurch die Nebenlinien geschaffen, die zum Überleben des Adelsgeschlechts bis heute ermöglicht hat. Das 16. Jahrhundert und das beginnende 17. Jahrhundert gilt als das konfessionelle Zeitalter. Die Glaubenszugehörigkeit hatte großen Einfluss auf innen- und außenpolitische Entscheidungen. Es war die Zeit der Lutherschen Reform. Kurfürst Ottheinrich übernahm die Reform Luthers für seine Kur. Dabei blieb es aber nicht. Eine Zweite Reformation vollzog 1563 Kurfürst Friedrich III, indem er den Calvinismus als die maßgebliche Religion adaptierte.
Die Zweite Reformation wurde im Heidelberger Katechismus niedergeschrieben und war Ausgangspunkt einer vollkommen neuen Kirchenordnung. Von der Kurpfalz verbreitete sich die reformierte Glaubenslehre im ganzen Reich. Innenpolitisch stand die Kurpfalz allerdings isoliert da, weil die Glaubenslehre nicht im Augsburger Religionsfrieden von 1555 anerkannt war. Folgerichtig bildeten die Pfälzer Kurfürsten Netzwerke mit reformierten Dynastie, den Hugenotten und Oraniern. Die Allianzen der gegensätzlichen Religionsrichtungen bekriegten sich in der Folge. Klarer Verlierer war die protestantische Führungsmacht. Unter dem Winterkönig Friedrich V. erfuhr die Kurpfalz territoriale Verluste, verheerende Zerstörungen und verlor zudem noch ihre Kurwürde. Erst 1648 erhielt sie die Stimme zurück und gehörte wieder den Königswählern an.Das 17. Jahrhundert ist die Epoche der Zerstörung und des Wiederaufbaus.
Tilly hinterließ mit seinen Truppen ein zerstörtes Mannheim und vor allem auch Heidelberg . „Brennt die Pfalz nieder-war das Motto seines Kriegszuges. Heidelberg war zu Zeiten König Ruprecht I königliche Residenzstadt , die von ihrem Status profitierte. Die Universität gewann an Bedeutung und die Bevölkerungszahl stieg merklich. Carl Philipp verlegte um 1720 die Residenz von Heidelberg nach Mannheim. Er hatte die Idee zur Quadratestadt und er erbaute das Barockschloss nach dem Vorbild Versailles. Kurfürst Carl IV. Theodor machte Mannheim zum führenden Zentrum des europäischen Barocks. Er erstellte auch den Sommersitz in Schwetzingen. Wer die Ausstellung besucht und beide Teile besichtigt, muss Zeit mitbringen, aber es lohnt sich. Der Besucher bekommt einen kompletten Überblick von den Anfängen der Wittelsbacher am Rhein über ihren Aufstieg in die Spitze des Reichs hin zu den Ereignissen der Reformation gezeigt.