Flucht in die Immobilie - mit bösen Folgen?

Verfasst von: Thomas Burmeister
Falle Niedrigzins
Falle Niedrigzins  Bild: © Alexander Raths - Fotolia.com
Wenn die Bürger um ihr Erspartes fürchten, flüchten viele in die eigene Immobilie: Festgeld, Lebensversicherung und Altersversorgung werden gekündigt und die frisch gewonnene Liquidität fließt in das Häuschen im Grünen. Sind auch noch die Zinsen für die Finanzierung der eigenen Immobilie so günstig wie aktuell, scheint der Traum zum Greifen nah. Doch Vorsicht ist geboten!

Bauland wird knapp, die Massiv- und Fertighauhersteller erhöhen die Preise und trotzdem ist die Nachfrage ungebrochen. Der Bauherr eines Fertighauses sollte mit Lieferzeiten von 12 bis 18 Monaten rechnen, bei den Massivbauern sieht es auch nicht besser aus. Für die von Krisen geschüttelte Baubranche ist die aktuelle Situation ein Glücksfall, zumal ein Ende des Booms nicht zu erkennen ist. Wer heute z. B. in Norddeutschland mit Baukosten für sein Traumhaus von ca. 350.000 EUR incl. Grund und Boden rechnet und 15 % Eigenmittel (Eigenkapital und/oder Eigenleistungen) einbringt, kann sich den Traum von der eigenen Immobilie für monatlich unter 1.000,00 EUR realisieren.

Niedrigzinsen werden zur Gefahr

Bis in die 1990er Jahre hinein galt, dass der Eigentümer mindestens 20 % der Gesamtkosten an Eigenmitteln aufbringen sollte. Heute sind Eigenkapitalquoten von 15 % oder weniger eher die Regel als die Ausnahme. Und was an Eigenkapital fehlt, muss halt mehr finanziert werden. Bei Zinssätzen von unter 3 % pro Jahr erscheint dies nicht weiter tragisch. Gleiches gilt für Sonderausstattungen im Haus: Das Traumbad für 67 EUR monatlich klingt halt verlockender als die sich dahinter verbergenden 20.000,00 EUR Mehrkosten. Das aktuelle Zinsniveau ermöglicht den Immobilienerwerb auch Kunden, die bei Zinssätzen von 6 % und mehr pro Jahr keine Bank gefunden hätten.

Was bei der Euphorie schnell vergessen wird: Die mit der Bank vereinbarten Sollzinsen gelten für einen bestimmten Zeitraum - die so genannte Zinsbindung. Und die beträgt in der Regel nur 10 Jahre.  Wer jedoch heute einen Betrag von 300.000 EUR finanziert und mit dem Regelsatz von 1 % zuzüglich ersparter Zinsen tilgt, schiebt in 10 Jahren noch eine Restschuld von ca. 265.000 EUR vor sich her. Ein Blick in die Vergangenheit offenbart das Risiko: Der Durchschnitts-Zinssatz für Baukredite mit 10 Jahren Zinsbindung betrug im Mittel der letzten 30 Jahren über 5,5 % pro Jahr, im 30-Jahres-Zeitraum von 1973 bis 2003 sogar knapp 7 %. Und genau hier liegt die Gefahr!

Böse Überraschung nach 10 Jahren

Wer im Laufe der ersten 10 Jahre seiner Baufinanzierung nicht unverhofft zu Geld gekommen ist, muss dann zu den zu diesem Zeitpunkt marktüblichen Zinsen eine Anschlussfinanzierung abschließen. Aus den ursprünglich 1.000,00 EUR monatlich werden unter Zugrundelegung des Durchschnittszinssatzes der letzten 30 Jahre von 5,5 % über Nacht 1.435,00 EUR, bei 7 % sogar über 1.760,00 EUR (jeweils incl. 1 % Tilgung). Und dies geschieht oft zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Die ersten Renovierungsarbeiten werden fällig, vielleicht wurde die lange geplante Familiengründung endlich in Angriff genommen. Was bleibt, ist eine Finanzierungslücke, im schlimmsten Fall muss die Immobilie verkauft werden - vorausgesetzt, es findet sich ein Käufer.

Gesucht: Individuelle Strategien

Wer diese Risiken vermeiden möchte, sollte schon bei Abschluss der Finanzierung die Weichen hierfür stellen. Ein probates Mittel ist die Verdoppelung des Tilgungssatzes auf anfänglich 2 %. Zwar erhöht sich die monatlich aufzubringende Rate in unserem Beispiel auf ca. 1.250,00 EUR, die Schulden bei der Bank reduzieren sich jedoch innerhalb von 10 Jahren auf nur noch 230.000 EUR. Eine weitere Lösung stellt die (kostenpflichtige) Verlängerung der Zinsfestschreibung auf z. B. 15 Jahre dar. In Verbindung mit einer Tilgung von anfänglich 2 % verbleiben nach 180 Monaten nur noch ca. 185.000,00 EUR an Verbindlichkeiten. Auch ein lange schon für überholt gehaltenes Produkt kommt aktuell zu neuen Ehren: Der Bausparvertrag!

Der Vorteil des Bausparvertrages liegt in den schon bei Abschluss feststehenden Guthabens- und Darlehenszinsen. Um in den Genuss eines Bauspardarlehens zu kommen, muss ein bestimmter Anteil der Bausparsumme (meist 33  bis 50 %) angespart sein. Diese Ansparung kann entweder statt der Tilgung oder ergänzend hierzu erfolgen. Läuft die Zinsbindung aus, kann ein Teil oder das gesamte Bankdarlehen durch das zinsgünstige Bauspardarlehen abgelöst werden. Auf diese Weise erhält der Kunde Zinssicherheit über die gesamte Laufzeit. Doch eine Kröte muss er auch in diesem Fall schlucken: Bei Abschluss des Bausparvertrages fallen Gebühren an. Welche Lösung die beste darstellt, muss individuell herausgearbeitet werden. Diese Zeit sollte sich jeder Immobilienwerber im Vorfeld nehmen.

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